Oberschüler auf Spurensuche für »Stolperstein«-Aktion (RZ vom 27.05.2017)

Recherche im RZ-Archiv: Arbeitsgemeinschaft sammelt Information über die jüdischen Familien Grünberg und Weinberg
hsz WEENER. Die Oberschule Weener trägt seit 2015 den vom Niedersächsischen Kultusministerium verliehenen Titel »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«. Dass dieser Titel nicht nur auf dem Papier steht, zeigen sieben Jugendliche, die sich in einer Arbeitsgemeinschaft mit der Geschichte jüdischer Familien aus Weener befassen. Mit ihrer Lehrerin Sabrina Koetsier hat die Schülergruppe nun die Rheiderland Zeitung besucht, um im Archiv nach Hinweisen zu suchen. Die Schüler der Jahrgänge 7 bis 10 stöberten in alten RZ-Ausgaben aus den 1920er und 1930er Jahren, um weitere Informationen über die Familien Grünberg und Weinberg zu sammeln.

Damit unterstützen sie den Arbeitskreis, der die Verlegung von »Stolpersteinen« durch den Künstler Gunter Demnig aus Frechen bei Köln vorbereitet. Demnig war am 17. Oktober 2016 erstmals nach Weener gekommen, um im Gehweg vor der Buchhandlung Klinkenborg in der Neuen Straße sieben Gedenktafeln aus Messing einzulassen. Dort hatte während der NS-Gewaltherrschaft die jüdische Familie van der Zyl gewohnt. Die »Stolpersteine« sollen an den letzten selbstgewählten Wohnsitz von Holocaust-Opfern erinnern. Der Arbeitskreis wandte sich an Schulleiter Dirk Kaiser, um junge Menschen in das Projekt einzubinden – mit Erfolg. Die Arbeitsgemeinschaft der Oberschule, ein freiwillig wählbares Nachmittagsangebot, habe das Ziel, »nicht in der Geschichte verhaftet zu bleiben, sondern sie mit der Gegenwart zu verbinden«, erklärte Lehrerin Sabrina Koetsier. Das Projekt »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage« werde von Schülern getragen, die Lehrer seien »nur Begleitpersonen«, betonte sie. Die Beteiligung an der »Stolperstein«-Aktion sei »gelebte Demokratie von unten«.

Voraussichtlich am 21. Oktober wird Gunter Demnig wieder vom Rheinland ins Rheiderland fahren, um die Gedenktafeln an zwei Standorten in den Bürgersteig einzubringen. In der Westerstraße befand sich einst die Schlachterei von Abraham de Vries und seinem Sohn Moritz, der zugleich letzter Synagogenvorstand in Weener war. In der Kommerzienrat-Hesse-Straße (damals Neue Straße) betrieben Bernhard Weinberg und Max Grünberg einen Viehhandel, ein Schrott- und ein Fellhandelsgeschäft. Die Viehhandlung war in einem heutigen Imbiss gemeldet, im Nachbarhaus lebte seit 1920 Bernhard Weinberg, ein Onkel von Albrecht Weinberg aus Leer. Der 92-jährige Holocaust-Überlebende wird bei entsprechender Gesundheit wieder zur »Stolperstein«-Verlegung erwartet.
Fünf Gedenktafeln sollen dann an Max Grünberg sowie Bernhard Weinberg und seine Frau Rahel, die Tochter Lilly und die Enkeltochter Annemarie erinnern.

Quelle: Rheiderlandzeitung vom 27.05.2017 (https://rheiderland.de/)